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  Kardinal Marx Vertuschte Missbrauchsverdacht

Welt
February 10, 2011

http://www.welt.de/politik/deutschland/article12491027/Kardinal-Marx-vertuschte-Missbrauchsverdacht.html

Nach au?en hin gab Marx sich als Aufklarer. Doch er hielt Informationen uber einen Missbrauchsverdacht zuruck. So gerieten Schuler in Gefahr.

Der Erzbischof von Munchen, Kardinal Reinhard Marx, soll von einem Missbrauch gewusst, aber nicht gehandelt haben

Der Munchner Erzbischof Kardinal Reinhard Marx hat nach Informationen von "Welt Online" einen Verdacht auf sexuellen Missbrauch drei Monate lang vertuscht. Dadurch konnte ein moglicherweise padophiler Mann unbehelligt als Erzieher im Kloster Ettal weiterarbeiten und Jugendliche gerieten in Gefahr.

Konkret handelt es sich um den Fall eines Erziehers des Benediktinerklosters Ettal (Oberbayern), der im vergangenen Juli durch die Presse ging. Das mutma?liche Opfer des Erziehers hatte sich bereits am 5. April 2010 erstmals schriftlich an den damaligen Missbrauchsbeauftragten des Erzbistums Munchen gewandt und angegeben, er sei im Schuljahr 1985/86 mehrmals im Kloster Scheyern sexuell missbraucht worden. Das Erzbistum gab den Vorgang aber erst drei Monate spater, am 5. Juli, an die Staatsanwaltschaft Munchen weiter. Die Klosterleitung in Ettal, wo der Erzieher unbehelligt mit Kindern arbeitete, wurde noch einen Tag spater informiert und konnte den Beschuldigten dann erst aus dem Schuldienst entfernen. Er ist derzeit beurlaubt, bis die Vorwurfe geklart sind.

Bistum Munchen signalisierte nach au?en hin Aufklarungswillen

Die Opferschutzorganisation „Wei?er Ring“ kritisierte das Verhalten des Erzbistums „aufs Scharfste“: „Das Verhalten des Erzbistums Munchen ist gerade angesichts der aktuellen Situation unverstandlich, in der die Kirche immer wieder ihre Bereitschaft zur ruckhaltlosen Aufklarung betont hat“, sagte Sprecher Helmut Ruster. Der Sprecher des Klosters Ettal, Michael Muller, sagte: „Der Vorgang war fur uns ein Schock. Wir mussen uns darauf verlassen konnen, dass bei akuter moglicher Gefahrdung von Jugendlichen umgehend gehandelt werden kann.“

Das Erzbistum Munchen verwies auf Anfrage auf einen Brief des damaligen Missbrauchsbeauftragten Monsignore Siegfried Knei?l an das Kloster Ettal vom Januar 2011. Darin sagt Knei?l, er habe korrekt gehandelt und es gebe keine rechtliche Verpflichtung, „Verdachtsmomente in Richtung eines Sexualdelikts unverzuglich und ohne Rucksicht auf den erklarten Willen des betroffenen Opfers an die staatlichen Strafverfolgungsbehorden zu melden.“

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Erzbischof Marx sprach personlich mit dem Opfer – und schwieg

Nach Informationen von "Welt Online" hat Erzbischof Marx personlich fruhzeitig von den Vorwurfen gegen den Ettaler Erzieher gewusst. Gema? der Leitlinien der Deutschen Bischofskonferenz fur den Umgang mit sexuellem Missbrauch musste ihn sein Missbrauchsbeauftragter „unverzuglich“ daruber informieren. Au?erdem hat das mutma?liche Opfer spater ausgesagt, personlich mit Marx gesprochen zu haben.

Hintergrund ist offenbar ein Streit zwischen dem Erzbistum Munchen und dem Kloster Ettal. Marx hatte im Februar 2010 den damaligen Abt und den Schulleiter des Ettaler Internats zum Rucktritt gedrangt. Spater wurden beide aber vom Papst rehabilitiert. Das Erzbistum leitete den Verdacht gegen den Ettaler Erzieher nach monatelanger Untatigkeit ausgerechnet in derselben Woche weiter, in der die Rehabilitierung des Ettaler Abtes offentlich wurde. Moglicherweise sollte die neue schlechte Nachricht das positive Medienecho fur Ettal truben und wurde deshalb so lange zuruckgehalten.

 
 

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