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  DAS Moralisch Notige

Frankfurter Allgemeine
December 13, 2010

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Das Ergebnis des „Runden Tisches“ zur Entschadigung von Heimkindern kann sich sehen lassen. Die Summe von 120 Millionen Euro, mit denen der Fonds ausgestattet werden soll, scheint angemessen. Sie vereint das politisch Mogliche mit dem moralisch Notigen.

Werden jetzt alle entschadigt – das Bauernmadchen fur die Rubenernte, der Arbeitersohn fur den prugelnden Vater und das Burgerkind, weil es an Weihnachten in die Kirche musste?

Den Weg in eine Opfergesellschaft, die fur jedes Ubel einen Verantwortlichen sucht, hat der „Runde Tisch Heimerziehung in den funfziger und sechziger Jahren“ ausdrucklich nicht beschritten. Ihm ging es um Kinder und Jugendliche, deren Rechte auf ungeheuere Weise verletzt wurden, obwohl sie sich in der Obhut des Rechtsstaates befanden.

Vor zwei Jahren hat sich der Bundestag deshalb auf den Versuch der politischen Entschadigung eingelassen. Am Runden Tisch sollten allen Beteiligten aus freien Stucken einen Konflikt losen, der auf rechtlichem Weg nicht mehr befriedet werden kann, weil Unrecht gerade in einem Rechtsstaat verjahrt.

Das Ergebnis der zahen Verhandlungen kann sich sehen lassen: Bund, Lander und Kirchen, die als Gesetzgeber, Heimaufsicht und Trager Verantwortung trugen, gestehen ihre Versaumnisse und Verfehlungen ein. Und sie bekennen nicht nur ihre Schuld, sondern versuchen auch deren Folgen zu lindern. Die Summe von 120 Millionen Euro, mit denen der Fonds ausgestattet werden soll, scheint angemessen. Sie vereint das politisch Mogliche mit dem moralisch Notigen.

Auch dass die Hilfe nicht pauschal, sondern nur nach einer Prufung des Einzelfalls und mit Bezug auf die bis heute andauernden Folgeschaden ausgezahlt wird, ist richtig. Nicht jedes Heimkind ist Opfer von Misshandlung, Missbrauch und Arbeitszwang geworden.

Wie viele von den etwa 800.000 Betroffenen sich zu Recht als Opfer von Staat und Kirchen sehen, wird sich erst noch erweisen – bislang haben sich erst einige Hundert von ihnen gemeldet.

Am Runden Tisch ist viel geleistet worden: Moderatorin Antje Vollmer ist gelungen, was sie von Beginn an fur die Heimkinder durchsetzen wollte. Die politisch unerfahrenen Heimkinder haben, obschon sie unter gro?em Druck aus den eigenen Reihen standen, besonnen gehandelt. Die Kirchen sind als erste fur ihre Verantwortung eingestanden.

Bei den Landern hingegen muss man nach wie vor Zweifel haben, ob sie den Empfehlungen nachkommen und zahlen. Erst im kommenden Jahr wird man deshalb sagen konnen, ob das Experiment Runder Tisch ein Erfolg war oder nachtraglich doch noch zu einer Farce wird.

 
 

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