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  Ratzingers Verantwortung

sueddeutsche
March 17, 2010

http://www.sueddeutsche.de/politik/948/506132/text/

Nur zehn Prozent der Deutschen finden, die Kirche tue genug fur die Aufarbeitung des Missbrauchsskandals. Jetzt ist der Papst in der Pflicht.

Der Weg zur Umkehr fuhrt uber die Reue: Nach den Missbrauchsfallen in der Kirche ware es an der Zeit fur ein mea culpa des ehemaligen Erzbischofs Ratzinger.

Nach der Papstaudienz von Erzbischof Robert Zollitsch war von "gro?er Betroffenheit" und "tiefer Erschutterung" des Papstes uber die zahlreichen Missbrauchsfalle die Rede. Aber weder er noch der Papst haben grundlegende Fragen beantwortet, die sich keinesfalls mehr zur Seite schieben lassen.

Nach der neuesten Emnid-Umfrage glauben nur zehn Prozent der Deutschen, die Kirche tue genug in der Aufarbeitung; aber 86 Prozent werfen der Kirchenfuhrung mangelnde Aufklarungsbereitschaft vor. Sie mussen sich durch die bischofliche Leugnung jeglichen Zusammenhangs zwischen Zolibatsgesetz und Kindesmissbrauch bestatigt fuhlen.

"Nicht heilig, eher unselig"

Frage eins: Warum nennt der Papst den angeblich "heiligen" Zolibat noch immer ein "kostbares Geschenk" und ignoriert die biblische Botschaft, die allen Amtstragern ausdrucklich die Ehe erlaubt? Der Zolibat "ist nicht "heilig", nicht einmal "selig"; er ist eher "unselig", insofern er zahllose gute Kandidaten vom Priestertum ausschlie?t und Scharen heiratswilliger Priester aus dem Amt vertrieben hat.

Das Zolibatsgesetz ist keine Glaubenswahrheit, sondern ein Kirchengesetz aus dem 11. Jahrhundert, das bereits auf den Einspruch der Reformatoren des 16. Jahrhunderts hin hatte aufgehoben werden sollen.

Unverkrampftes Verhaltnis zur Sexualitat

Die Wahrhaftigkeit hatte gefordert, dass der Papst die schon langst von einer gro?en Mehrheit in Klerus und Volk gewunschte Uberprufung dieses Gesetzes zumindest versprochen hatte. Auch der Prasident des Zentralkomitees deutscher Katholiken, Alois Gluck, und der Hamburger Weihbischof Hans-Jochen Jaschke fordern ein unverkrampftes Verhaltnis zur Sexualitat und ein Nebeneinander von zolibatar lebenden und verheirateten Priestern.

Frage zwei: Meinen, wie Erzbischof Zollitsch wiederholte, wirklich "alle Fachleute", dass Kindesmissbrauch von Klerikern und Zolibatsgesetz nichts miteinander zu tun haben? Wer kann schon die Meinungen "aller Fachleute" kennen?!

Zahllos sind namlich die Aussagen von Psychotherapeuten und Psychoanalytikern, die durchaus Zusammenhange sehen: Das Zolibatsgesetz verpflichtet die Priester, sich jeder sexuellen Aktivitat zu enthalten; aber deren Impulse bleiben virulent, und es besteht die Gefahr, dass sie in eine Tabuzone abgedrangt und dort kompensiert werden.

Die Wahrhaftigkeit fordert, dass man die Korrelation zwischen Missbrauch und Zolibat ernst nimmt statt sie zu leugnen. So hat etwa der amerikanische Psychotherapeut Richard Sipe in seinen 25 Jahre langen Studien deutlich gemacht: Die zolibatare Lebensform, besonders die zu dieser hinfuhrende Sozialisation (oft Internat, dann Priesterseminar), kann padophilen Neigungen Vorschub leisten.

Sie stellt eine Hemmung der psychosexuellen Entwicklung fest, die bei Zolibataren haufiger auftritt als in der Durchschnittsbevolkerung. Entwicklungspsychologische Defizite und sexuelle Neigungen werden jedoch oft erst nach der Ordination bewusst.

Nicht nur um Verzeihung bitten, sondern Mitschuld bekennen

Frage drei: Mussten die Bischofe, statt nur die Opfer um Verzeihung zu bitten, nicht endlich auch ihre eigene Mitschuld bekennen? Jahrzehntelang haben sie die Zolibatsfrage tabuisiert und Missbrauchsfalle mit strikter Geheimhaltung und Versetzungen vertuscht. Der Schutz ihrer Priester schien den Bischofen wichtiger zu sein als der Schutz der Kinder.

Es besteht aber ein Unterschied zwischen den individuellen Missbrauchsfallen in Schulen au?erhalb der katholischen Kirche und den systemischen und deshalb oft gehauften Fallen in einer Institution, in der noch immer eine rigoristisch-verklemmte Sexualmoral herrscht, die im Zolibatsgesetz gipfelt.

Die Wahrhaftigkeit hatte gefordert, dass der Vorsitzende der Bischofskonferenz endlich eindeutig erklart hatte, dass die Kirchenhierarchie in Zukunft bei Strafbestanden nicht mehr ohne die staatliche Justiz auskommen will. Oder wird diese Hierarchie erst durch Entschadigungszahlungen in Millionenhohe zur Besinnung gebracht werden mussen?

Die katholische Kirche der USA zahlte 2006 die Summe von 1,3 Milliarden Dollar, in Irland vereinbarte die Regierung 2009 mit kirchlichen Orden einen Entschadigungsfonds von ruinosen 2,1 Milliarden Euro. Diese Summen sagen mehr als der abwiegelnd in die Diskussion eingebrachte statistische Anteil zolibatarer Tater an der Gesamtheit der Sexualtater!

[summary]

Neither Archbishop Robert Zollitsch or Pope Benedict have answered fundamental questions regarding the sexual abuse cases in this country. According to one survey, only 10 percent of Germany believe the church is doing enough but 86 percent complaint that church leaders are not doing enough.

Question One: Why the pope refers to celibacy as being holy and a precious gift and ignores a Biblical passage where officials are expressly permitted marriage. Celibacy is not holy or blessed and excludes good candidates from priesthood. It has been a law of the church only from the 11th century.

Question Two: Archbishop Zollitsch has said all the experts say child abuse by clerics and the law of celibacy have nothing to do with each other. Many experts hold a different view.

 
 

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