BishopAccountability.org | ||||
Pfarrer mit Missbrauchsvergangenheit: Pfarrgemeinde unter Schock Merkur March 15, 2010 http://www.merkur-online.de/lokales/nachrichten/pfarrer-missbrauchsvergangenheit-pfarrgemeinde-unter-schock-672445.html GERMANY -- Bad Tölz - Unter den Tölzer Katholiken herrscht tiefe Erschütterung. Es wurde bekannt, dass Kur- und Tourismusseelsorger H. vor 24 Jahren wegen sexuellen Missbrauchs Minderjähriger verurteilt wurde. Die Emotionen entluden sich am Sonntag im 11.30-Uhr-Gottesdienst in der Franziskanerkirche - der Messe, die normalerweise Pfarrer H. hätte halten sollen. Zu diesem Zeitpunkt war vielen Gläubigen schon bekannt, dass es sich bei jenem wegen sexuellen Missbrauchs vorbestraften Geistlichen, der im Mittelpunkt der aktuellen Vorwürfe gegen die Erzdiözese München-Freising und Papst Benedikt XVI. steht, um den hiesigen Kur- und Tourimusseelsorger handelt.
Und nicht nur in Bad Tölz hatte es sich herumgesprochen: Tags zuvor zeigte ein TV-Nachrichtensender ein verfremdetes Bild von H., in Internetforen kursierte der Name, und auch aus den offiziellen Angaben des Ordinaritas zum Fall konnte sich jeder Interessierte die Identität des Geistlichen erschließen. Vor der Kirche warteten am Sonntagmittag ein Kamerateam von RTL, ja sogar Korrespondenten der New York Times und der italienischen Zeitung La Stampa darauf, Tölzer Gläubige zu interviewen. Drinnen hatte sich Stadtpfarrer Rupert Frania vorgenommen, das Thema anzusprechen - „aber auf meine Weise“, wie er sagt, nämlich ohne H.s Namen zu nennen. Im vorangegangenen 10-Uhr-Gottesdienst beließ er es bei Andeutungen. Während Frania in der späteren Messe über das Gleichnis vom verlorenen Sohn zum Missbrauchsthema hinleitete, sprang nach der Schilderung von Gottesdienstbesuchern ein aufgebrachter Mann von der Kirchenbank auf und verlangte lautstark, die Vorwürfe und den Geistlichen beim Namen zu nennen. Er habe in wenigen Wochen Trauungstermin bei H. und das Thema daher gerne offen mit diesem besprochen. Im Gespräch mit dem Tölzer Kurier zeigte Frania im Anschluss Verständnis für die Aktion. „Ich kann nachvollziehen, dass es das Paar aufregt und es seine Betroffenheit öffentlich demonstrieren wollte.“ Gleichzeitig wirbt der Stadtpfarrer für eine differenzierte Debatte. „Gemäß dem Auftrag der Kirche sollten wir jetzt nicht als Ankläger auftreten, sondern uns um Versöhnung bemühen, egal was passiert ist. Wenn wir in der Kirche nicht an die Vergebung von Sünden glauben, können wir unseren ganzen Laden gleich zusperren.“ Bis vor wenigen Tagen ahnte offenbar niemand in der Gemeinde etwas davon, dass H. 1986 zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden war. In Grafing (Kreis Ebersberg) hatte er Minderjährige missbraucht. Wegen eines früheren Missbrauchs war er 1980 zur Therapie nach München gekommen - und war unter dem damaligen Erzbischof Joseph Ratzinger, dem heutigen Papst, trotz dieser Vorgeschichte wieder in der Seelsorge eingesetzt worden. Ihn selbst habe das Erzbischöfliche Ordinariat am vergangenen Donnerstag über H.s Hintergrund informiert, sagt Frania. Tags darauf machte die Süddeutsche Zeitung den Fall öffentlich. Bis das Ordinariat, dem der Tourismuspfarrer direkt untersteht, über seine Zukunft entschieden hat, lässt H. seinen Dienst in der Gemeinde ruhen. Für eine Stellungnahme war er nicht erreichbar. |
||||
Any original material on these pages is copyright © BishopAccountability.org 2004. Reproduce freely with attribution. | ||||